Die Deutschen DIN-Normen: Alles andere als 08/15

DIN Normen beim Hausbau

Weil sich am Bau gerade nicht viel tut, haben wir Zeit, uns mal mit einem ganz anderen Thema zu beschäftigen: Den DIN-Normen, die wir in unserem Ratgeber Bebauungsplan ganz kurz streiften. Weil ich ein neugieriger Mensch bin, – warum auch sonst wird jemand Journalist? – begann ich, ein wenig zu recherchieren; und weiß jetzt, woher „08/15“ kommt, wann Christi Geburt in die offizielle Zeitrechnung kam und warum die Woche am Montag beginnt.

Im Anfang war der Kegelstift

Seit 1917 gibt es das Deutsche Institut für Normung in Berlin, und die allererste Norm, die „DIN-Norm 1“ legte die Maße von Kegelstiften fest. Wovon? Kegelstifte? Auch die Definition der kleinen Dinger erklärt nicht, was an denen so wichtig sein sollte, dass sie genormt wurden: „Kegelstifte sind konische Verbindungselemente, die in entsprechenden Bohrungen passen, um Maschinenteile (in wieder lösbaren Verbindungen) zusammenzuhalten.“

Die Geburt der Norm

Im Kontext gesehen, wird die Sache klar. Besagter Kegelstift war nämlich ein wichtiges Teilchen des Standard-Maschinengewehrs der deutschen Wehrmacht im Ersten Weltkrieg.

Und weil viele verschiedene Waffenfabrikanten diese Kegelstifte herstellten, gab ihnen das Militär dafür „Normen“ vor, damit alle genau gleich waren und somit zu den anderen Einzelteilen der Waffen passten. Damit war also die Normierung geboren, und in der Folge gründete man den Normenausschuss der Deutschen Industrie, der sich auf breiter Front um die Vorgaben zur präzisen Herstellung von Dingen kümmern sollte. Ergebnis: Bis heute lebt die „DIN“, die Deutsche Industrie Norm, die eingeführt wurde, als in Europa der Krieg tobte, in nahezu allen Bereichen unseres Lebens munter fort.

Zum Nutzen der Allgemeinheit

„Die Aufgabe des DIN Deutsches Institut für Normung e. V. ist es, zum Nutzen der Allgemeinheit unter Wahrung des öffentlichen Interesses in geordneten und transparenten Verfahren die Normung und Standardisierung anzuregen, zu organisieren, zu steuern und zu moderieren“, schreibt das Institut über sich selbst auf www.din.de

Von einer möglichen deutschen Regulierungswut steht hier nichts zu lesen…

DIN Normen beim Hausbau

Von der Macht des geschriebenen Wortes

Zurück zu oben beschriebenem Maschinengewehr. Der Umgang damit führte zur Entstehung des Ausdrucks „08/15“ als Metapher für wenig Originelles, Alltägliches. Und so kam das: Das oben beschriebene Standardgewehr hieß abgekürzt „MG 08/15“, weil es seit 1908 gebaut und im Jahr 1915 weiterentwickelt worden war.

Weil nun die Soldaten das Maschinengewehr wie im Schlaf beherrschen mussten, ließ man sie daran üben bis zum Abwinken – und darüber hinaus. Aus der monotonen, langweiligen und alltäglichen Überei „am 08/15“ entwickelte sich mit der Zeit das geflügelte „Wort“ 08/15. Weitere Verbreitung fand das gesprochene Wort dann in den 1950er Jahren durch die Weltkriegs-Romantrilogie „08/15“des Schriftstellers Hans Helmut Kirst. Damit haben wir auch hierbei ein Beispiel für die vielzitierte Macht des geschriebenen Wortes.

Im Krieg wird der Kalender DINisiert

Bemerkenswert ist, womit sich das DIN-Institut während des Zweiten Weltkriegs beschäftigte, als wiederum der Schlachtenlärm alles andere übertönte. War es vielleicht einfach die Suche nach einem Stück „Norm-alität“ in Zeiten des schrecklichen Krieges? Oder sind die Gralshüter der Normen einfach so?

Jedenfalls gab es in dem Berliner Institut im Januar 1943 offenbar nichts Wichtigeres, als unter dem Titel „Zeit. Zeiteinheiten, Wochentage, Wochen, Monate“ den Kalender als DIN 1355 zu regeln.

Das bedeutete unter anderem, dass die Woche fortan am Sonntag null Uhr begann und am darauffolgenden Samstag Punkt 24.00 Uhr endete. Die nächst folgende Norm, die DIN 1355-1, setzte im März 1975 weitere Meilensteine, indem sie uns lehrte, die Zeitrechnung mit „v. Chr. Geb.“ oder kurz „v. Chr.“ sowie „n. Chr. Geb.“ oder einfach „n. Chr.“ in zwei große Abschnitte zu gliedern.

Der Montag: Unsere Nummer 1

Der Montag bekam jetzt die Nummer eins der Wochentage, der Sonntag die Sieben. Eine „Anmerkung“ dazu lautete, dass ab sofort „der Donnerstag der mittlere Tag der Kalenderwoche“ sei. Wir stellen fest: Die DIN-Normen verleihen der „Woche“ als astronomisch unbedeutende Zeiteinheit großes Gewicht. Und wir alle takten unser Leben komplett nach diesen sieben Tagen.

Übrigens: Das Deutsche Normenwerk als Gesamtheit der DIN-Normen, ist gewaltig. Es umfasst weit über 30.000 gültige DIN-Normen – und jedes Jahr kommen mehr als 2.000 neue hinzu.